- Gogh, Vincent van: Leben und Schaffen eines tragischen Genies
- Gogh, Vincent van: Leben und Schaffen eines tragischen GeniesDie Selbstbildnisse des Vincent van Gogh sagen mehr als alle Worte über diesen Menschen, der zwischen Schaffensrausch und Selbstzerstörung als Vorläufer der Expressionisten zu einem der Wegbereiter der modernen Malerei wurde. Vom großen — auch materiellen — Erfolg seiner Bilder, die heutzutage bei Versteigerungen nicht nachvollziehbare Preise erzielen, hatte das einsame Genie zu Lebzeiten allerdings nichts. Zu seinen Lebzeiten wurde nur ein einziges Bild verkauft. Van Gogh brachte sich im Juli 1890 in völliger Verzweiflung um.Vincent van Gogh — die BiografieArbeit im Kunsthandel und als PredigerVincent (Willem) van Gogh wurde am 30.03.1853 im niederländischen Groot-Zundert bei Breda als Sohn eines protestantischen Pastors geboren. 1864 kam er auf ein Internat in Zevenbergen, von 1866 bis 1869 war er Schüler eines Internats in Tilburg. Ab 1869 war van Gogh Lehrling im Kunsthandelshaus Goupil. Er blieb in dieser Firma bis 1876, unter anderem in den Filialen in Den Haag, London und Paris. Ab 1876 wandte er sich der Theologie zu und versuchte — allerdings vergeblich —, Theologie zu studieren. Schließlich ging er als Prediger ins belgische Kohlerevier Borinage (1878—1880).Endgültige Hinwendung zur KunstDanach wandte er sich dann endgültig der Kunst zu. Sie diente dem Autodidakten wohl immer auch dazu, innere Spannungen abzubauen, denn van Gogh war zeitlebens geplagt von Selbstzweifeln und seiner Tendenz zur Selbstzerstörung, die letztendlich in seinem Selbstmord endete. Nachdem van Gogh ab Januar 1882 für etwa anderthalb Jahre mit einer Prostituierten zusammengelebt hatte, die er mit ihren Kindern auch porträtierte (so in »Sorrow« von 1882), ging er schließlich von Ende 1883 bis Ende 1885 nach Nuenen, wo er bei seinen Eltern wohnte und arbeitete. Vorbild für den Maler van Gogh waren anfangs die Bilder von Frans Hals und Rembrandt. Es entstanden in dieser Zeit etwa 50 Bilder von den Menschen seiner Heimat. Er bildete dabei häufig Bauern und Arbeiter ab.Alle Bilder sind farblich von einer düsteren Grundstimmung. Das wichtigste Werk aus dieser Zeit ist »Die Kartoffelesser« von 1885. Nach der Aussage van Goghs sollte der Farbton, in dem dieses Bild gehalten ist, an eine staubige und ungeschälte Kartoffel erinnern. Im Herbst 1885 ging van Gogh für etwa ein halbes Jahr nach Antwerpen, wo er auch an der Akademie eingeschrieben war. Dabei beschäftigte er sich vor allem mit den Bildern von Peter Paul Rubens.Kontakt zu den Impressionisten in ParisIm März 1886 ging van Gogh nach Paris, wo er bei seinem Bruder Quartier nahm. Sein Bruder Theo, Leiter der Galerie Goupil in Paris, sorgte finanziell für ihn — zwischen beiden ist ein dokumentarisch sehr wertvoller Briefwechsel erhalten. Van Gogh blieb hier für knapp zwei Jahre bis zum Februar 1888. In dieser Zeit kam er mit den Impressionisten in Kontakt, was sich in seinen Gemälden durch eine hellere Farbgebung niederschlug. Zudem übernahm er für eine Zeit die Maltechnik des Pointillismus. Auch farbige japanische Holzschnitte regten ihn an. Van Gogh schuf in dieser Zeit an die 200 Gemälde, darunter Stadtansichten von Paris, Landschaftsbilder und viele Stillleben.Schaffensrausch und Zusammenbruch in ArlesAnfang 1888 ging van Gogh nach Arles. Hier erlebte er das künstlerisch wohl ergiebigste Jahr seines Lebens. In dieser Zeit entstanden einige seiner bekanntesten Werke wie die »Boote am Strand« oder die »Caféterrasse am Abend«. Er schuf unter dem Eindruck des hellen Sonnenlichts in Südfrankreich eine Synthese aus Formen, die flächenhaft und linear umgrenzt waren, mit reinen Farben, die er komplementär setzte. In Arles arbeitete van Gogh wie besessen. Hier entstanden auch seine berühmten Sonnenblumenbilder, verschiedene Ansichten der Zugbrücke von Arles, Stillleben und Porträts. Auch die Strandbilder mit Booten schuf van Gogh zu dieser Zeit — in Les Saintes-Maries-de-la-Mer, das bei Arles gelegen ist.Van Gogh hegte in dieser Phase den Traum von der Verwirklichung einer Künstlerkolonie. So tauschte er Selbstbildnisse mit Emile Bernard, Charles Laval und Paul Gauguin. Mit Gauguin arbeitete er eine kurze Zeit lang auch zusammen. Ihr Zusammenleben endete aber in einem heftigen Streit, was zum Zusammenbruch van Goghs führte und zu seiner Selbstverstümmelung: Er schnitt sich im Dezember 1888 ein Ohr ab. Bisher wurde dies immer als ein erster Anfall geistiger Verwirrung gewertet, neuere Forschungen in seiner Krankengeschichte führen aber dazu, dieses Verhalten eher einer Erkrankung des Innenohres zuzuschreiben. Die Selbstbildnisse van Goghs, die nach dieser Tat entstanden, wie das »Selbstbildnis mit Pelzmütze, verbundenem Ohr und Pfeife« von 1889 zeigen den Künstler in seiner tragischen Lage.Freiwillig in die HeilanstaltDa sich die Anfälle und Ausfälle häuften, ging van Gogh im Mai 1889 freiwillig in die Heilanstalt von Dr. Théophile Peyron in Saint-Rémy-de-Provence. Dort bekam der Maler einen Arbeitsraum. In den Phasen, in denen van Gogh in der Lage war zu arbeiten, schuf er sehr ausdrucksvolle Gemälde, bestimmt von einem zeichnerisch bewegten Duktus, so die »Sternennacht« von 1889. Außerdem kopierte van Gogh Werke von Millet und Delacroix.Die letzten Monate bei Dr. GachetIm Mai 1890 verließ van Gogh die Anstalt und ging nach Auvers-sur-Oise bei Paris, wo er sich unter die Beobachtung des Arztes und Kunstliebhabers Paul Gachet begab. In den letzten beiden Monaten seines Lebens malte van Gogh noch einmal fast 70 Bilder. Dabei brach er die Formen seiner ornamentalen Gestaltungsweise auf und verselbstständigte ihre Rudimente zugunsten einer absoluten Bildwirkung. Eindrucksvoll zeigt dies sein Werk »Weizenfeld mit Krähen«. Am 27.07.1890 feuerte van Gogh einen Schuss auf sich selbst ab, an dessen Verletzungen er zwei Tage später starb.----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------| ZEITTAFEL: DAS LEBEN DES VINCENT VAN GOGH ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1853 | Vincent van Gogh wird im am 30.03. im niederländischen || | Groot-Zundert bei Breda als Sohn eines protestantischen || | Pastors geboren. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1864 | Van Gogh kommt auf ein Internat in Zevenbergen. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1866-69 | Van Gogh besucht ein Internat in Tilburg. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1869-76 | Van Gogh beginnt eine Lehre in der Kunsthandlung Goupil und || | bleibt in dieser Firma bis 1876, unter anderem in den Filialen || | in Den Haag, Paris und London. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1876 | Er wendet sich der Theologie zu und versucht erfolglos ein || | Theologiestudium. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1878-80 | Van Gogh geht als Prediger ins belgische Kohlerevier || | Borinage. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1882/83 | Er lebt für etwa anderthalb Jahre mit einer Prostituierten und || | deren Kindern zusammen (ihr Porträt: »Sorrow«, 1882). ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1883-85 | Van Gogh lebt bei seinen Eltern in Nuenen. (Hauptwerk dieser || | Zeit: »Die Kartoffelesser«, 1885) ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1885/86 | Ende 1885/Anfang 1886 geht er für ein halbes Jahr nach || | Antwerpen, ist an der Akademie eingeschrieben und kopiert vor || | allem P. P. Rubens. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1886-88 | Van Gogh lebt in Paris, hat Kontakt zu den Impressionisten, || | deren Stil er sich auch annähert. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1888 | Anfang dieses Jahres geht van Gogh nach Arles und erlebt das || | künstlerisch ergiebigste Jahr seines Lebens. Die || | Sonnenblumen-bilder entstehen wie auch Ansichten der || | Zugbrücke von Arles. Van Gogh arbeitet wie besessen. Im || | Dezember kommt es zum Streit mit dem Maler Paul Gauguin, mit dem || | van Gogh zusammenarbeitet und eine Künstlerkolonie gründen || | will. Van Gogh schneidet sich ein Ohr ab. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1889 | Im Mai 1889 geht van Gogh freiwillig in die Heilanstalt von Dr. || | Théophile Peyron in Saint-Rémy-de-Provence. ||--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------|| 1890 | Im Mai zieht van Gogh in die Obhut des Arztes und || | Kunstliebhabers Paul Gachet. Innerhalb von zwei Monaten malt || | er noch einmal fast 70 Bilder. Am 27.07.1890 feuert van Gogh || | einen Schuss auf sich selbst ab. Am 29.07.1890 stirbt er an den || | Folgen dieser Tat. |----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Matthias Arnold:Van Gogh u. seine Vorbilder. Eine künstlerische Selbstfindung. München 1997.
Universal-Lexikon. 2012.